Montag, 14. September 2015

Abenteuer Leben

Da hab ich mich geschnitten

 

Diary 2


Zugegeben, ich war mir nicht sicher, ob ich diesen Text wirklich schreiben sollte. Doch als ich vorhin in mein Tagebuch schrieb, fiel mir plötzlich dieser geniale Titel ein, und ich konnte es nicht lassen.. Falls ihr kein Blut lesen könnt, dann besser das hier nicht lesen;)

Die Idee kam mir, als ich neulich in meinem Bett saß, und einen Schal häkelte. (ja, es gibt durchaus auch Jugendliche, die das tun, wenn auch wenige.) Da fiel mein Blick auf meine rechte Hand. Genauer gesagt, auf meinen rechten Zeigefinger. Oben, nah am Nagel, befindet sich eine Narbe.
Ihr denkt euch wohl jetzt, „OK, da hast du dich wohl verletzt, wo bleibt jetzt das Abenteuer?“
Das kommt gleich, und hängt mit dieser Narbe zusammen.
Mit dem Tag, an dem ich mich geschnitten habe. Mit dem Tag an dem.. Ach egal, fange wir an.
Es war ein schöner Tag mitten im Schwarzwald. Ich befand mich dort auf einer Familienfreizeit, und bereitete mit meiner Freundin, sie heißt Eva, ein Geländespiel vor. Dafür hatten wir uns eine spannende Geschichte ausgedacht.
Wo ein Zauberer einen Trank des ewigen Lebens gebraut hatte, doch der König fand es heraus. Da der Magier ihm nicht verraten wollte wo der Trank versteckt war, ließ der König ihn hängen. Die verschiedenen Teams sollten diesen Trank nun finden, durch verschiedene Rätsel. Dieser war an einem Galgen versteckt, der da zufällig rumstand. Ein echter historischer Galgen, der stand dort bestimmt schon lange.
Also wanderten wir gut gelaunt die zirka 15 Minuten zu diesem makaberen Ort. Dort suchten wir ein passendes Versteck. Ich kam auf die geniale Idee, auf einen Baum nen Pfeil zu schnitzen, der zum Schatz zeigte.
Ich zückte also mein neues, schön rotes, und schön scharfes Taschenmesser, und macht mich an die Arbeit. Weit kam ich nicht. Dieses Messer hatte nämlich die unschöne Angewohnheit, einfach einzuknicken, wenn man auch nur eine Millisekunde nicht gut genug aufpasste, und im falschen Winkel ansetze.
Ich hatte grade mal ein paar Grundrisse eingeritzt, da passierte es natürlich, das verdammte Messer klappte zusammen. Mit meinem Finger dazwischen. Ich konnte regelrecht spüren, wie die scharfe Klinge durch mein Fleisch schnitt. Wie durch Butter.
Ich gab keinen Laut von mir, klappte es wieder auf, zog es aus meinem Finger, klappte es zusammen und steckte es in meine Hosentasche. Erstaunlich was alles möglich ist, wenn man unter Schock steht.
Dann drehte ich mich zu Eva, und sagte ganz ruhig „Ich glaube wir sollten jetzt besser zurück gehen“
wie gesagt, ich stand immer noch unter Schock, ich hatte noch nicht wirklich begriffen was gerade passiert war.. Eva nickte. Sie wühlte in ihrem Rucksack. Sie fand ein Taschentuch und reichte es mir. Ich wickelte es um meinen Zeigefinger, der mittlerweile zu bluten angefangen hatte.
Wir traten also den Rückweg an. Schnell laufen ging nicht wirklich „mein Finger wackelt bei jedem Schritt mit!“ jammerte ich panisch. Vielleicht habe ich ihn ja soweit abgetrennt dass... nicht dran denken. Nun liefen mir Tränen übers Gesicht.
Wir hatten den ersten Trampelpfad geschafft. Das Taschentuch begann sich gefährlich rot zu färben. Ich hatte Angst zu verbluten. Die Wunde musste dringend versorgt werden. Also klingelten wir am nächsten Haus, dem einzigen Haus in der Pampa, denn wir waren wie gesagt mitten im Schwarzwald. Es war keiner da. Wahrscheinlich ein Ferienhaus. Da waren nur wir, der Wald, und eine frisch geteerte Landstraße.
Ich weiß nicht, ob es Evas oder meine Idee gewesen ist, doch wir entschieden uns, ein Auto anzuhalten. Viele von euch werden sich nun wohl an die Stirn schlagen. Klar, es war total gefährlich, aber daran denkt man in so einem Moment nicht, wenn einem Blut aus dem voll gesaugten Taschentuch auf die Jacke tropft. Das zweite Auto hielt. Zwei junge Männer saßen darin. Nun wollt ihr wohl den Kopf auf den Tisch hauen, und den Bildschirm anschreien, dass das böse Männer seien könnten, vielleicht Vergewaltiger! JA es hätte sein können, aber wir hatten Glück, sie schauten zwar erstmal ganz komisch, waren aber sehr nett, einer der Beiden verband meine Hand. Dann boten sie uns an, uns zur Unterkunft zurück zufahren, denn ich sah ziemlich fertig aus, blutig und immer noch weinend. Die Wunde brannte mittlerweile wie Feuer, und die Blutflecken würden nie wieder aus meinen Kleidern rausgehen! Zum Glück war es nicht die falsche Entscheidung. Sie setzten uns ab, und fuhren weiter. Ich winkte ihnen mit meinem dick verbundenen Finger, der sich mittlerweile anfühlte, als drückte jemand ihn mit einer glühenden Zange zusammen, hinterher.
Andere Kinder, an denen wir vorbei liefen, schauten uns erstaunt an, stellten Fragen, doch ich rannte sofort zu meinem Vater, und fiel ihm schluchzend in die Arme.
Wir sind dann ins Krankenhaus gefahren. Im Auto, hatte ich mich ein bisschen erholt. Und konnte schon wieder etwas lachen.
„Na immerhin,“ sagte Eva lächelnd, „hast du deinen Humor wieder".
„das ist Galgenhumor.“ erwiderte ich trocken.
Es stellte ich dann heraus, dass nicht einmal genäht werden musste. „Hände bluten immer sehr“ sagte der Arzt, während er meine Wunde zuklebte.
Ich war total enttäuscht, als ich keinen Verband bekam! Es sah total doof aus, wie ich nach dem ganzen Aufruhr, mit einem Pflaster heim kam! Nur das Blut getränkte Taschentuch, dass ich übrigens die ganze Zeit in der Hand gehalten, beim Arztbesuch im Auto gelassen, und danach wieder mitgenommen hatte, und meine fleckigen Kleider, zeugte noch von dem dramatischen Unfall.

Ich hebe meinen Blick vom meiner Hand, die immer noch den Schal häkelt, und lächle.
>Dieser Galgen Witz war Situationskomik auf höchstem Niveau< denke ich zufrieden.

Sonntag, 6. September 2015

Schulwechsel=Angst

In einer Woche fängt die Schule wieder an.
In einer Woche bin ich in der zehnten Klasse. 
Das letzte Jahr auf dieser Realschule. 
Das ist unfair. 
Jetzt, wo ich endlich Freunde gefunden habe in dieser Klasse, jetzt wo ich mich wirklich eingewöhnt habe, jetzt wo ich mich dort >richtig< fühle, werde ich gehen müssen. In's Ungewisse. 
Schon wieder. 
Ich habe mit Schulwechseln keine guten Erfahrung gemacht. Ich habe Angst, nach dem ich die Schule verlassen habe, am Tag der offenen Tür zurück zu kommen, in eine Schule von der ich kein Teil mehr bin. Davor, Leher zu treffen, die nicht mehr meine Lehrer sind. Die rumwuselnden Schüler zu sehen, und ich steh nur daneben und fühle mich total unwohl. Nächstes Jahr um diese Zeit, bin ich schon an meiner zukünftigen Schule angemeldet. Nächstes Jahr, werden sich meine Ängste warscheinlich noch verschlimmert haben. So viele Fragen, ohne Antworten. 
Werde ich mich dort einleben? 
Und wenn ja, wird das wieder so ange dauern?
Werde ich Freunde finden? 
Werde ich nette Lehrer haben? 
Werden meine Noten sich verändern? 
Keine Antworten. Als ich in die fünfte Klasse kahm, war ich so sorglos in diesem Bereich. Ich dachte, das wird schon. Trug stolz meinen neuen Schulranzen in die Aula, und wurde kurz darauf von der Realität getroffen, wie mit einem großen Stein, mitten in's Herz. Ich bekahm sehr bald spühren, mit welcher Sorte Mitschüler ich es da zutun hatte. 
Bekam die Außenseiterrolle schon zugeschrieben, bevor ich auch nur den Mund aufmachen konnte. Das war ich nicht gewöhnt! Das war mir noch nie passiert. Ich hatte immer meine Freundin bei mir, war fröhlich und sagte meine Meinung immer frei heraus. Das reichte damals, um von seiner Klasse angenommen zu werden. 
Ich ging in meine neue Klasse, mit meinem orangen Rollkragenpullover, den ich so gerne mochte, und war ratlos. Grüppchen hatten sich sofort gebildet. Ich weiß nicht mehr genau wer wo war, sicher weiß ich nur, dass ich nirgends dazu gehörte, und demnach nicht wusste, wo ich mich hinsetzen sollte. Ich glaube ich saß schließlich allein. 
An meine erste Zeit dort, kann ich mich nur sehr verschwommen erinnern. Aber eine Szene, die sich in der ersten Woche abspielt, sehe ich immernoch glasklar in meinem Kopf. Und immer wenn ich daran denke tut es wieder weh.
Ich ging allein auf den Schulhof. Links von mir eine Gruppe Mädchen aus meiner Klasse. Ich habe sie bald die „Tussen-Gruppe“ oder auch „die Zicken“ genannt, und so heißen sie noch heute. Ich dachte mir: "Super, da stelle ich mich doch einfach mal dazu!" Das tat ich dann auch. Sie sprachen über Zeug das ich weder verstand, noch interessierte es mich. Aber immerhin stand ich nun nicht mehr allein. Die Zicken ignorierten mich übrigens beharrlich. Sie liefen mal dorthin, mal dahin, und ich hinterher. Schließlich sagte die Obertusse den verletzenden Satz zu mir, mit diesem verletzenden Blick und so herablassend: „Kannst du mal aufhören, uns nachzulaufen?!“ Alle schauten zustimmend. Also ging ich weg, verletzt und sicher den Tränen nah. 
Seit dem stand ich allein. Und das konnte jeder sehen. Ich war das stille Mädchen das nirgendwo hin gehörte. Allein zu sein ist quasi eine Einladung für Mobber. Und so passierte es auch. Mehrere Kinder, besonders ein Junge in meiner Klasse, den ich bis heute verabscheue, tat alles, um mich lächerlich zu machen. Und das schaffte er. Und ich konnte mich nicht wehren, starrte sie immer nur stumm an. 
Vielleicht währe alles anders gelaufen, wäre ich nicht geschwächt durch das was währenddessen in meiner Familie passierte. Aber das ist eine andere Geschichte. 
Sicher wäre alles anders gelaufen, hätte ich eine Gymnasiumsempfehlung bekommen. Dort ging nämlich meine Freundin hin. Ein paar Jahre später wurde die Regel aufgelöst, dass Lehrer bestimmen, auf welche Schule ein Kind geht; die Eltern durften aussuchen. Für mich war es zu spät, auch ein Schulwechsel war mir nicht möglich, denn mir fehlte fürs Gymnasium ein Jahr Französisch. 
Dann ging es mir auch gesundheitlich schlecht, wegen all dem Schlimmen, was mir wiederfuhr. Aber das ist auch eine andere Geschichte. 
Jahre später, nach vielen, schließlich erfolglosen Versuchen Freunde zu finden, kahm ein neues Mädchen, und ich hatte endlich eine Freundin, wenn auch eine merkwürdige. Noch ein Jahr später war ich Part einer Gruppe, die ich nett gemeint „die Nerds“ nenne. 
Ab da war alles besser. Halbwegs. Fertig gemacht werde ich auch heute noch hin und wieder. Aber immerhin kann ich mittlerweile die ein oder andere Konterung oder giftige Worte zurückschießen. Und dieses eine arrogante Mädchen, dass mich damals so verletzte, und dieser ebenso arrogante Junge sehen immer noch auf mich hinab. Diese beiden halten sich eben für was besseres. 
Doch alles in allem geht es mir gut. Und das wird bald aufs Spiel gesetzt. 
Ich habe Angst. 

...Wenn euch dieser Test genauso traurig macht wie mich, schreibt doch bitte ein Kommentar.