PART 3
Teil 9
Sweet 16 der Prinzessin
„Wir
gehen nochmal spazieren“ Sage ich, stibitze mir eine kleine Tomate und stürme wieder nach draußen. „Aber nicht so lange. In einer Stunde
gibt es Essen!“ ruft Klaus mir hinterher. Natürlich werden wir da
zurück sein, wir kennen uns doch mittlerweile bestimmt aus, denn in den
letzten Tagen sind wir schon viel unterwegs gewesen. Ich habe es
gestern zum ersten Mal geschafft den ganzen Hang hinunter zu fahren und heute habe ich sogar einen Sprung hinbekommen. Ich befinde mich
auf einem Dauerhoch. Jetzt wollen wir noch ein Bisschen den Wald
genießen. Vielleicht entdecken wir ja noch ein paar schöne Stellen!
Draußen warten meine Freunde schon auf mich. Ich nicke ihnen zu und
wir stapfen mit zwei Schlitten in den Wald. Es ist so traumhaft
hier, ich bin jeden Tag von neuem fasziniert. Die Tannen sind von
einer dünnen Schneeschicht bedeckt, überall wo die Sonne durch ihn
Reflektiert glitzert es. Ich atme tief ein. Es duftet nach sauberer
Waldluft und nach meinem Freund, weil ich so nah neben ihm gehe. „Omg
da, ein Hase!“ ruft Bella entzückt. Als ich mich umdrehe ist er
schon wieder verschwunden. Ich zucke die Schultern und ziehe
kräftiger am Schlitten, der sich in einem Ast verhangen hat. Mit
einem Ruck löst er sich, und ich falle mit Schwung in den Schnee.
Hinter mir höre ich Gelächter. Schönen dank auch. Blitzschnell
forme ich einen Schneeball und ziele in die ungefähre Richtung der
Lacher. Dann richte ich mich auf, drehe mich um und sehe wie Laila
der verdutzten Bella den Schnee vom Gesicht reibt. Diesmal lache ich.
Nach
einer Weile biegt sich der Weg. Ins Horizontale und verwandelt sich
in einen steilen, schneebedeckten Abhang. Wir sehen uns schelmisch
an und sitzen kurz darauf jeweils zu zweit auf den Schlitten. Ich
klammere mich an Johann, der sich startbereit macht. Und schon geht
es los. Ich meine des Schlitten über die Kante rutschen zu hören.
Die Kannte die den ebenen Weg vom Steilen abtrennt. Ich schlucke.
Das wird schnell. Laila gibt einen Cowboy Schrei von sich, Belli
einen Angst-Kreischer. Mir verschlägt die Geschwindigkeit die
Sprache und ich habe den Drang mein Gesicht in Johanns Jacke zu
verstecken. Wir werden immer schneller. Die Landschaft zieht
verschwommen an uns vorbei. Eine Schneeflocke fliegt mir ins Auge, es
rauscht in meinen Ohren. Wir sind so schnell, anhalten wäre
unmöglich und es ist kein Ende in Sicht.. Dafür sehe ich etwas
anderes, und das nur weil ich zufällig vor uns auf die Erde schaue,
um mein Gesicht ein bisschen vom Fahrtwind zu schützen. Es ist
klein, was auch immer es ist, aber es wird reichen, das weiß ich.
„STOOOP“ schreie ich. Zugegeben, kein besonders intelligenter
Ausruf, denn.. „WIEEE?“ brüllt Johann. Er versucht zur Seite zu
lenken, doch es ist unmöglich und schon fliegen wir. Der Moment, an
dem wir das Objekt rammen, und wir abheben, fühlt sich an wie in
Zeitlupe. Mit weit aufgerissenen Augen und den Mund zu einem stummen
Schrei geöffnet registriere ich, dass sich der Schlitten
selbstständig gemacht hat. Wir sitzen nicht mehr darauf, sondern
scheinen zu schweben. Plötzlich reist der Zeitlupe Moment ab, und
genau so plötzlich greift die Schwerkraft ein. Sofort stürzen wir
ab, und rollen weiter. Wir können nicht anhalten, es ist unmöglich.
Ich höre Johann vor mir voll Schmerz aufstöhnen. Dann: Ein
Hubbel, wir werden kurz hoch geschleudert, dann verlieren wir
plötzlich ganz an Geschwindigkeit, fallen noch einen gefühlten
Meter und dann lande ich auf etwas weichem. Oder auch jemand
weiches. Erleichtert will ich mich aufrichten, doch da trifft mich
der Schlitten schmerzhaft am Hinterkopf. Ich unterdrücke einen
Schrei. Plötzlich ist alles still.Ich rapple mich auf, rücke meine
Mütze zurecht und stelle sicher dass an mir noch alles dran ist.
Außer Kopf und Rückenschmerzen ist glaube ich noch alles heile, das
wird bloß eine dicke, fette Beule. Also beuge ich mich zu Johann
hinunter und betrachte ihn erschrocken. Sein Blick ist
schmerzverzerrt, und er hat einige rote Striemen im Gesicht. Das ist
nicht verwunderlich, denn das was uns letztendlich zum Halt gebracht
hat war ein drahtiges Gebüsch, dessen dünne Ästchen Dornen
gleichen. Mein Gesicht sieht bestimmt nicht besser aus. Ich beuge
mich zu ihm, wobei meine Glieder sich schmerzhaft zu Wort melden und
lege mein Ohr an seinen Mund. Gott sei dank atmet er noch. Dann nehme
ich seine Hände, die er um sein angewinkeltes Bein gelegt hat.
Vorsichtig drehe ich sein Bein zu mir, und er zuckt zusammen. Ein
Großer Riss ist in seiner Hose, quer über das Knie, fast bis zum
Schienenbein. Erschrocken merke ich dass meine Hände blutig sind.
Aber es ist nicht mein Blut. Es ist Johanns. Es färbt den Schnee um
sein linkes Bein rot. Im Augenwinkel merke ich dass sich Laila
und Belli nähern, scheinbar unversehrt. Ich reiße mir den Schal
vom Hals, um ihn als Verband zu nutzen. Laila reinigt die Wunde
fachfrauisch mit Schnee, Bella hat Taschentücher dabei. Johann ist
mittlerweile wieder so weit beisammen, dass er sich aufsetzen kann,
und seinen eigenen Schal als Verband für den verletzten Ellenbogen
zur Verfügung stellt. Dann hieven wir ihn auf den Schlitten. Isabella setzt
sich ebenfalls, mit dem Rücken zu Johann, um ihn als behalfstmäßige
Lehne zu stützen. Mir geht es schon besser, selbst mein Kopf tut nun
noch mäßig weh. „Wie geht das, dass Johann sich so verletzt hat,
und du bist heile?“ Fragt Belli, ehrlich verwundert. Das frag ich
mich auch. Plötzlich stutze ich. Dann öffne ich meine Jacke, und
hole meine Engelkette darunter hervor, um sie ihr fast triumphierend
vor die Nase zu halten. Verblüfft schaut sie mich an. Noch
verblüffter schaut aber Johann, als ich die Kette kurzerhand ihm
umhänge.. „Das schützt dich“ sage ich, und gebe ihm einen Kuss.
Wir setzen uns in Bewegung. Einen Moment lang hängen wir alle unsern
Gedanken nach. Plötzlich sagt Laila: „Äh, Leute? Wo geht es jetzt
eigentlich lang?“ Ratlos zucke ich die Schultern. Wir hatten uns
entschieden einen Umweg zu nehmen, weil wir, vorallem mit Johann im
Schlepptau nicht wieder diesen Berg hochkommen. Und dann war ich viel
zu sehr damit beschäftigt mich darüber aufzuregen, dass irgendein
Vollidiot einen Scheiß Autoreifen liegen lässt, der dann auch noch
zu zwei Dritteln mit Schnee bedeckt wird, und natürlich genau im Weg
steckt. Da fällt mir etwas ein. An Lailas Blick erkenne ich dass sie
das Gleiche denkt. „Hä, was?“ Fragt Isabella verwirrt. Laila
deutet mit dem Kinn auf einen besonders großen Baum, der die Anderen
um einiges überragt. Bella schüttelt den Kopf. „Nein, auf keinen
Fall!“ „Du bist die Leichteste. Uns wird der nicht halten
können.“ wende ich ein. Bella schaut wenig überzeugt„Gut, dann
mach ichs eben“ Sagt Laila. Ich glaube es ist ihr lieber so. „Nein“
Sagt Isabella, reibt sich die Hände und macht sich auf den Weg. Ihr
ist es wohl lieber selbst zu klettern, anstatt ihre Freundin in Gefahr
zu bringen. Laila schaut ihr besorgt hinterher.
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