Montag, 1. Februar 2016

Cheer

Diary 4



Mann, wir kommen SCHONWIEDER zu spät“ jammere ich. „Wir sind noch NIE rechtzeitig gekommen“ erwidert Samira fröhlich. Sie hat Recht. Ich will meinen Kopf an das Armaturenbrett schlagen, um meiner Verzweiflung mehr Ausdruck zu verleihen. Doch dann ruiniere ich womöglich meine Frisur. Tränen sind auch keine Option, denn das würde sicher meinem aufwändigen Makeup schaden. Also mach ich gar nichts. Einen Moment lang ist es still. Man hört nur das Gebrumme unseres Autos. Der Moment ist schnell vorbei. Selly und Emilia unterhalten sich angeregt über Nagellack, während Samira ein Foto von ihrem gold-schwarz angemalten Auge in die Gruppe schickt. Mein Vater verkündet, dass die Straße gesperrt sei und dass er nicht wüsste wie es weitergeht. Die Mädels sind begeistert. Nun haben sie einen zu-spät-komm-Grund. Ich fröstle. Eine Gänsehaut bekomme ich aber erst von dem Mann, der uns schließlich den Weg weist. Ehrlich. Man betrachtet selten eine solche Hässlichkeit von nahem, und das ist gut so. Eine Gruppe von Mädchen mit knallbunten Gesichtern, Tarnjacken und Hotpants stelzt an uns vorbei. Was ist mit denen los? Draußen sind gefühlte 5 Grad und es nieselt. Schließlich hält mein Vater an. Er kann nicht weiter, weil ein Auto mit nem Huhn auf der Kühlerhaube den Weg versperrt. In der Nähe stehen ein paar Leute mit Hühnerkostümen. Ich hab keine Ahnung, welchem Verein die angehören. Nach kurzer Orientierungslosigkeit entdecken wir unser Ziel. Ein Regentropfen landet auf meiner Nase. Unbehaglich klammere ich mich an meine Stofftasche. Als ich aber meine Gruppe anschaue, muss ich lächeln. Ich mag mein Team. Sehr. Auch wenn ich mir nicht mal alle Namen merken kann..
Man merkt dass wir zusammengehören. Wir tragen alle die gleichen, wabbeligen Trainingsanzüge. Außerdem Schleifen, und gaaaanz viel Makeup. Aber das ist beim Cheerleading eben so. Und eigentlich gefällt mir die Schminke. Allerdings hat mich der Blick in den Spiegel ziemlich erschreckt. Danke nochmal, Selly und Samira. Die beiden haben eine Stunde dran gesessen, und es dann geschafft, ihr eigenes Makeup in 15 Minuten zu machen. Wow. Neben uns fängt eine Musikgruppe an zu musizieren. Sie sehen sehr... speziell aus, aber klingen echt gut, und wir wippen im Takt. Die Footballspieler sind mittlerweile mehr als leicht betrunken... Schließlich kommt jemand auf die gloreiche Idee, einen Stunt auf dem Asphalt zu performen. Leicht gefährlich? Aber alles ging gut, und wir sahen echt nice aus. Richtig Cheerleader- like. Nach einer gefühlten Stunde setzt sich der Zug langsam in Bewegung. Vor uns die Hühnergruppe.. Hinter uns eine Gruppe von Hexe(r)n. Erstmal Abstand nehmen. Mit denen habe ich nur schlechte Erfahrungen gemacht... Fröhlich schmeiße ich Süßigkeiten auf Leute. Hehe:) Bald gehen sie uns aus, leider. Ich hätte so gerne noch ein besonders hartes Bonbon an den Kopf meines Erzfeindes gepfeffert.. Samira geht es genauso. Doch sie gibt sich auch mit den Pompoms zufrieden, die ihr ausgeliehen wurden. Eifrig wedelt sie damit herum. Ich würde sie jetzt so gerne knuddeln, aber in einem sich stetig bewegenden Umzug ist das eher ungünstig. Wir ziehen an einer Einhorn Familie vorbei. Mein Highlight des Tages! Das beliebteste Kostüm des Tages scheint übrigens das Erdbeer- Kostüm zu sein. Alles klar. Ein besoffener Footballer torkelt an uns vorbei. Die Hexer kommen mir viel zu nahe, ich flüchte schnell nach weiter vorne. Für Selly ist es zu spät. Einer kommt auf sie zu, starrt sie an (sie zuckt verängstigt zurück) und - gibt ihr einen Lolli.. Schließlich kommt das Ende in Sicht. So sieht Fasching also von innen aus... Interessant. Meine Beine fühlen sich an wie Pudding, mir ist kalt, ich bin leicht aufgedreht, und trotzdem erschöpft. Für die Seesterntaktik (mit ausgestreckten Gliedmaßen auf den Boden legen) ist es zu nass. Tschüss.


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