Donnerstag, 25. August 2016

PART 3
Teil 3

Sweet 16 der Prinzessin



(Rosalie ist noch 15 Jahre alt)

Ich tauche einen Pinsel in die grüne Farbe. Als ich mit den Tannenbäumen zufrieden bin, folgt mein ich. Hautfarbe gibt es nicht, deshalb sieht mein Gesicht aus als hätte ich fiesen Sonnenbrand. Doch was solls, dafür steht mir ein Minzfarbener Schneeanzug umso besser. Das Bord wird rot, der Himmel hellblau, die kleine Hütte am Hang braun
Kritisch betrachte ich mein Werk. Ich sehe so einsam aus. 
Also färbe ich meinen Pinsel nochmal pink und tupfe drei dicke Punkte auf die Leinwand. Diese bestücke ich mit Augen und Mund. Sie lächeln. Es folgen drei bunte Körper. 
Ein letztes mal betrachte ich die Entstandene Kunst, ich bin zufrieden. Ich mache sofort ein Bild von dem Bild, um es als Profilbild zu nutzen. Dabei vergesse ich meine mit Ölfarbe verschmierten Hände, und verpasse meinem Handy ein mehr oder weniger hübsches Muster. Genauso der Badezimmertür Klinke und dem Wasserhahn. 
Auch nach minutenlangem Schrubben sind die Farbspuren nicht zu übersehen. Verzweiflung breitet sich in mir aus. Das ist jetzt sehr unpassend. Vor Allem wird es meinen Eltern nicht passen. Sie sind so streng wie noch nie, und ich habe keine Ahnung wieso. Da hilft nichts, die Farbe sitzt fest. Mist! Auch auf dem weißen Handtuch hinterlasse ich deutlich Spuren. Mit einem großen mit Diamanten besetzten Föhn in der einen, und feuchtem Toilettenpapier in der Anderen begebe ich mich zurück ins Kunst Attilie. 
Mit dem Ellebogen stoße ich die Tür zum Bad auf, und reinige dann im Vorbeigehen die Klinke... auf dem Gold haftet die Farbe nicht so gut. Nun sitze ich auf dem hohen Zeichenhocker und föhne die Leinwand. Währenddessen starre ich auf mein Handy. Belli bewundert mein Profilbild. 
Laila meldet dass sie eingeschnappt ist, weil sie auf meiner Zeichnung aussieht als wäre sie eine gelbe Bohne. 
Johann schreibt nur knapp: „hübsch. Soll das blaue Gummibärchen ich sein?“ 
Ich schreibe darauf: "..." 
Als Antwort bekomme ich ein Herz.
Als mein Arm sich anfühlt als wäre er nah dran ab zufallen, schalte ich den Föhn aus, erhebe mich mühsam, schüttle mich und schiebe mein Kleid zurecht. Dann setzte ich mich in Bewegung. Vor einem kleinen Bild an der Wand bleibe ich stehen, um es zu betrachten. Es sieht sehr schön aus, und trägt die Unterschrift meiner Mutter. 
Leider habe ich ihr malerisches Talent nicht geerbt. Und auf dem Bild bin ich drauf, als kleines pummeliges Baby, in ihrem Arm. Dass ich es bin weiß ich nur weil In der unteren Ecke mein Name steht, daneben das Datum dazu. Wow ist das lange her. 
Irgendwie rührend.. Plötzlich geht die Tür auf. Ich erschrecke mich furchtbar, die Person die daran schuld ist, ist nicht weniger erschrocken. 
„Gott hast du mich erschreckt“ sagt meine Mutter. 
„Du mich auch“ antworte ich trocken. 
Ich hätte auf ihr Auftauchen gefasst sein sollen. Schließlich ist sie oft hier. Das hier ist ihre Ruheinsel, wie sie zu sagen pflegt. 
„Was machst du eigentlich hier?“ Fragt sie, während sie den Block und die Stifte, die sie fallen gelassen hatte wieder aufhebt. 
„Na, gemalt“ antworte ich, überrascht über diese unnötige Frage, und zeige auf mein Gemälde. Sie nickt, streicht sich eine Strähne aus dem Gesicht, und scheucht mich dann hinaus. Nett. Doch nach dem ich meinen Traum auf die Leinwand geklatscht habe, fühle ich mich besser. Ich hoffe nun genug Energie zu haben, um weiter meine Party zu organisieren. 
Bah.

Mittwoch, 24. August 2016

PART 3
Teil 2


Sweet 16 der Prinzessin



(Rosalie ist noch 15 Jahre alt)

Du willst was?!“ Ruft meine Mom. Ich habe sie selten so aufgebracht erlebt. Ich öffne den Mund, und will mein Anliegen wiederholen, doch sie schneidet mir mit einer Handbewegung die Antwort auf ihre rhetorische Frage ab. 
„Nein auf keinen Fall!“ Sie verschluckt sich ja fast, so empört ist sie. 
Ich verstehe das nicht. „Du hast schon viele Reformen gebracht, doch diese geht zu weit! Diese Tradition wird auf keinen Fall gebrochen!“ 
„Aber“ sage ich. Doch mir fällt nichts ein. Sie wird sich nicht umstimmen lassen. 
Am liebsten würde ich mich jetzt auf den Boden fallen lassen, an ihr Bein klammern und so lange jammern bis sie nach gibt. Das kann man vielleicht mit 5 machen, doch mit 15 wäre das schon etwas komisch. Also mache ich auf dem Absatz kehrt und schlurfe aus dem Zimmer. Wie gerne würde ich einen dramatischen Abgang machen, aus dem Raum stürmen und die Tür zu knallen, doch einerseits würde das die Situation nur noch verschlechtern, und andererseits bin ich grad viel zu traurig. 
Ich schaffe es aus der Tür raus und den Korridor hinunter. Im Seitengang zu meinem Zimmer breche ich dann zusammen. Warum. Ich sitze gegen die Wand gelehnt auf dem Teppich, und starre das Bild gegenüber an. Was es genau ist kann ich nicht erkennen, denn ich sehe nur verschwommen. Es dauert nicht lange, bis meine Nase wie verrückt läuft, und ich vor schluchzen fast nicht mehr zum atmen komme. 
Immer wieder schüttelt es mich. Die Außenwelt habe ich ausgeblendet. Dass ich in einem „öffentlichen“ Gang hocke, durch den hin und wieder Bedienstete gehen, merke ich erst, als mir ein freundlicher Butler ein Taschentuch anbietet. 
Ich nehme es dankbar an, und würde wahrscheinlich erröten, wäre mein Gesicht nicht sowieso schon rot und verquollen. Schließlich hilft er mir hoch. Netter Mann. 
Nun sehe ich ihm ins Gesicht. Es ist der Diener der mir damals nach meinem Frisör Besuch die Tür geöffnet und ein Ästchen aus meinem Haar gezupft hatte. 
Damals hatte ich mich so stark gefühlt. So wie man sich fühlt, wenn man die Freiheit hat, Entscheidungen zu treffen. Die Erinnerungen treffen mich, und ich würde mich wieder hinsetzen, wenn der Butler mich nicht festhielte. 
Doch so führt er mich behutsam zu meinem Zimmer. Bevor ich die Tür schließe bedanke ich mich, und lese kurz sein Namensschild. 
Er heißt Johannes Bäre. Seine Eltern haben Humor. 
Ich mache schnell die Tür zu und werfe mich aufs Bett. Johannes erinnert mich an Johann, und Johann erinnert mich an meinen Wunsch. Ich will mit jemand reden. Doch andere werden bestimmt denken dass ich total übertreibe! 
Ich entsperre mein Handy und sage: „Hallo Siri!“ 
„Hey“ antwortet sie. 
Dann versuche ich ihr meine Probleme zu erklären, doch sie scheint mich nicht wirklich zu verstehen. Einmal fragt sie mich ob ich wissen will was Null durch Null ergibt, deshalb disst sie mich, dann zählt sie mir die nahstden Berge auf, und googled Ski Ausrüstung.
Aie ist ein miserabler Gesprächspartner. 
Also sage ich irgendwann genervt: „Siri, rufe Johann an! Und dann lösch dich. -.-“ 
Siri antwortet mir sachlich „Alles klar“ 
Ich hebe das Handy an mein Ohr, und kuschle mich in meinen minzgrünen, flauschigen Sessel. 
„Was ist?“ Fragt mein Freund. 
„Was eine Begrüßung“ reagiere ich minimal eingeschnappt. 
„Es ist 1 Uhr morgens, Schatz." Antwortet er und seufzt. 
"Oh. Wie die Zeit vergeht..“ stammle ich. 
Dann fällt mir dir Grund meines Anrufens wieder ein, und ich bekomme einen Klos im Hals. 
„Ich darf nicht“. Dieser Satz erklärt schon alles. 
„Ui“ . 
„Wieso verstehen sie denn nicht, dass ich keine riesen Party haben will? 
Wieso verstehen sie nicht, dass es mein Geburtstag ist und nicht ihrer? 
Wieso geht es nicht um mein Glück und was verdammt nochmal haben die gegen Schneebedeckte Berge? Wieso?“ 
rufe ich verzweifelt, vielleicht etwas zu laut, denn meine Worte scheinen wider zu hallen. 
Johann seufzt. Es ist nicht das erste Mal dass ich ihn das frage.

Mittwoch, 17. August 2016

PART 3
Teil 1


Sweet 16 der Prinzessin



(Rosalie ist noch 15 Jahre alt)

Ich werfe den dicken Katalog mit einem Unmuts laut weg. Das Cover mit der verschnörkelten Aufschrift „Sweet 16 ~ Party Ideen für jede Prinzessin“ würde ich am liebsten zerreißen und als Schnee Ersatz aus dem Fenster rieseln lassen. 
Überhaupt kann mich dieser ganze sweet 16 Schwachsinn mal. Wieso ist 16 so was besonderes, dass man sich vor lauter Stress gar nicht darauf freuen kann?
Ich erhebe mich von der Toilette, die ich zum Nachdenken Sinn entfremdet hatte. 
Den verhängnisvollen Katalog lasse ich in der Badewanne liegen, und schleppe mich zum Abendessen. Anscheinend schaue ich sehr finster drein, denn alle Angestellten denen ich begegne gehen mir aus dem Weg. 
Erschrocken darüber, bemühe ich mich fröhlich auszusehen. Meine Eltern erwarten mich schon, wie eine Katze auf die Maus wartet, um sie sich dann blitzschnell zu schnappen. Als Mama mich dann fragt, ob ich endlich weiß welche Farbe die Dekoration haben soll, und welches Thema es sein wird, werfe ich ihr einen so bitterbösen Blick zu, dass sie mitten in ihrem Satz „80 Gäste sind doch ok?“ verstummt. 80 Gäste sind gar nicht ok. Was soll ich denn mit denen? Ich will keine große Feier haben. Und im Gegensatz zu dem Ball vor fast einem Jahr, wird sich meine Meinung auch nicht ändern. Mir ist es unangenehm, wenn große Menschenmassen nur für mich kommen. 
Vor Allem weil sich ein Großteil gar nicht für mich interessiert, und nur aus Höflichkeit freundlich sind. Die 80 Gäste werden bloß irgendwelche Familien aus fremden Königreichen sein. Bestenfalls kenne ich 20 Verwandte, und meinen Freund und zwei Freundinnen. Die drei sind auch die Einzigen, die wissen was ich mir wirklich zu meinem Geburtstag wünsche: Schnee. Diese matschige Weihnacht war eklig. Dieses nasskalt ist kaum noch zu ertragen. Sicher würden mir meine Eltern eine Schneekanone schenken, würden sie das erfahren, „doch ich will keine verdammte Schneekanone.“ Schreibe ich Johann per Whatsapp. 
Mein Handy habe ich auf den Tisch gelegt, esse mit rechts und tippe mit links. Auf das tadelnde Räuspern meines Vaters stecke ich es mir seufzend in die Rocktasche, und konzentriere mich wieder ganz auf das Fischgericht vor mir. 
Jedenfalls äußerlich. Innerlich denke ich nach.