Donnerstag, 9. Juli 2015

Teil 4

Ein ganz normaler Tag im Leben einer Prinzessin


Kapitel 4
Ich renne also durchs Dunkel, bin fest davon überzeugt koordiniert zu sein... 
und renne mit vollem Karacho gegen eine Wand. 
Da ich darauf nicht im geringsten vorbereitet war, habe ich die Arme nicht vorgestreckt und nur mein Babyspeck dämpft den Aufprall ein bisschen, der klatscht nämlich gegen den Beton und mein Gesicht. Ich fluche, mein Busen und meine Schienenbeine schmerzen sehr. So merke ich, dass meine Stimme näselnd klingt, dass mir etwas warmes übers Gesicht läuft und gerate in Panik.
Ich patsche mit einem Finger in das Nasse, jaule auf, weil die Stelle weh tut, und stecke den Finger in den Mund. Urg. Eindeutig Blut. Ich muss das mal von unserem Arzt ansehen lassen. 
...Arzt... 
Schlagartig wird mir klar, dass das schwer möglich sein wird. Ich zittere. Ich hab keine Ahnung wo ich bin, geschweige denn, wie ich hier rauskomme. Also sinke ich auf den staubigen Boden, bereit zu kapitulieren. Vielleicht finden sie mich lebendig, vielleicht auch nicht. Mir ist gerade alles egal.
Bald wird mir langweilig. 
Ich mache die Augen zu und beschließe mein Leben an mir vorbei ziehen zu sehen, wie in Kitschfilmen. Doch meine Nase blutet immer noch, und juckt, mein ganzer Körper schmerzt. 
In meinem Kopf schwebt plötzlich ein Gedanke. 
Dass ich nicht aufgeben will. 
Wenn ich hier sitzen bleibe, verblute und verhungere ich, oder sie finden mich rechtzeitig...
doch in beiden Fällen hätte ich aufgegeben. Ich habe noch nie so aufgegeben, obwohl man dazu sagen muss, das ich noch nie in so einer Situation war.
Durch meine stachelnden Gedanken angespornt stehe ich wankend auf, kurz wird mir schwindelig. Ich rutsche fast auf der kleinen Pfütze aus, die sich unter mir gebildet hat. Zuerst denke ich, dass es Blut ist. Das einzige was dazu noch sagen muss ist, dass es kein Blut ist.
Ich fühle mich peinlich berührt, bis mir klar wird dass es keiner gesehen hat.
Den Kopf in den Nacken gelegt taste ich mich voran, dummerweise weiß ich nicht von welcher Richtung ich gekommen bin, also zähle ich aus. 
Während ich vor mich hin humpele, gehe ich alle Möglichkeiten durch.
Vielleicht finde ich ja noch einen Lichtschalter, oder den Ausgang, den meine Mutter genutzt hat, FALLS sie einen genutzt hat. Wer sagt, das sie den Weg hier raus gefunden hat?!
Ich denke nicht, das sie sich in diesen Gängen so gut auskennt, denn bis jetzt hatte sie ja auch keinen Grund, hier zu sein.
Das alles heißt ja, das sie hier wahrscheinlich noch drin ist! Also könnte sie genauso gut nicht gefunden werden und verhungern.
Ich vergesse, dass ich selber Hilfe brauche, ich muss jetzt hier raus finden, damit Mama hier rauskommt. Ich ärgere mich ein kleines bisschen über mich selbst, diese Frau geht mir 90% der Zeit auf den Wecker und trotzdem ist mir ihre Rettung sehr wichtig.
Ich fasse mehrmals in Spinnennetze und einmal in etwas Glitschiges, von dem ich gar nicht erst wissen will, was es ist. 
Dann endlich klopft meine Hand auf etwas Hohles.
Es ist kein Lichtschalter, das steht fest. Aber was ist es? Zum ersten mal verfluche ich, kein Handy dabei zu haben, welches ich jetzt als Taschenlampe brauchen könnte. 
Ich vergesse es nämlich immer extra. Die Dinger sind sowieso Überwachung pur. 
So bleibt mir also nur, das Fundstück so gut es geht abzutasten. Nach 5 Minuten weiß ich, das es eine Box ist, nach weiteren 5, dass man sie öffnen kann und schließlich ist mir klar, dass ich nicht weiß wie. 
Bald verliere ich die Geduld zu suchen und versuche es Gewalt. Soll noch mal einer sagen dass das nicht klappt. Es klappt sogar gut, und ich halte den Deckel in der Hand. 
Diesen lasse ich achtlos fallen, um den Inhalt der Box zu untersuchen, halte aber inne und bleibe ein paar Sekunden wie erstarrt, denn das Echo des auf den Boden fallenden Deckels hallt durch alle hundert Gänge und ist in dieser Stimmung sehr laut und gruselig.
Ich widme mich schließlich wieder dem Box-Inhalt, und ertaste ein pappartiges Ding, das an die Innenseite geklebt ist. Ich hab keine Ahnung was es ist, also reiße ich die Augen so weit wie möglich auf und nähere mich dem Papier. Von irgentwo her leuchtet eine winzige Menge Licht in diese Gänge. So erkenne ich verschwommene schemenhafte Umrisse. 
Sieht aus wie ein Gangnetz.
Na toll, jetzt hab ich einen Schlüssel nach draußen gefunden, kann ihn aber nicht nutzen, weil ich nicht genug sehe. Ich gehe mit dem Gesicht zu nah an die Boxwand, stoße an, und verliere dabei das Gleichgewicht.
Mit der Stirn knalle ich an etwas was ein Knopf sein muss, denn es gibt nach. Erschrocken springe ich zurück als...

... plötzlich eine Stimme aus der Box kommt. 
Eine schnarrende Stimme die mir mitteilt, dass ich gerade auf den Hilfeknopf gedrückt habe und fragt, was für Hilfe benötigt würde.
 „Ähm...Aus..gang“ stammele ich.
 Eine kurze Zeit ist es still, dann antwortet die Stimme:
„Sie gehen links, gerade aus, geradeaus, rechts, dann sind sie am nächstliegenden Ziel“.
Ich bedanke mich erleichtert. Das Ding schaltet sich nur schnarrend wieder aus. 
Ich sammele noch mal alle Kräfte, oder eben so viele wie man hat, wenn viel von dem Blut, das eigentlich im Körper sein sollte, dort nicht mehr ist, sondern einem in kleinen Bächen am Kinn runterfließt.
Ich bemühe mich flach zu atmen, der starke Blutgeruch löst in mir Übelkeit aus. Ich bewege mich also vorwärts, komme an eine Kreuzung...wo ist noch mal links? 
Normalerweise lackiere ich mir immer eine Hand Lila und eine Rot, um es zu unterscheiden, aber, in fast vollkommender Finsternis bringt mir das gar nichts.
Ich versuche mich mit allen Tricks zu erinnern. Ich weiß noch, dass mein Zimmer im linken Teil des Schlosses lag, also schließe ich die Augen und stelle mir vor, dorthin zu gehen. Scheint zu funktionieren, denn nach ein par Metern gerade aus, noch mal gerade aus und dann in die entgegengesetzte Richtung meines Zimmers, sehe ich Licht.
Nur ein winziger Strahl, aber immerhin.
Freudig trabe ich darauf zu, bin natürlich auf eine Tür gefasst... da ist aber keine!
Nur der Schacht eines winzigen Aufzuges. Angestrengt überlege ich. Sowas hab ich doch schon mal gesehen...
Plötzlich bewegen sich die Drahtseile. Etwas kommt im Schneckentempo von unten.
Hm, riecht gut... Ein Speiseaufzug! 
Dieser kommt immer näher und ich habe keine Zeit zu überlegen.
 Ich lasse mich in den Schacht fallen und lande in einer Terrine Kürbissuppe.
Das Zeug ist sauheiß, ich verbrenne mir meinen Prinzessinnenhintern.
Das entlockt mir einen kurzen Schrei und ich versuche mich in dem engen Raum so gut wie möglich aufzurichten, um nicht länger in dieser heißen Brühe hocken zu müssen.
Als ich das halbwegs hinbekommen habe, fällt mir auch schon ein neues Problem ein. Der Aufzug ist ganz bestimmt nur für Essen gedacht, nicht für pummelige Prinzessinnen!
Was ist, wenn die Drahtseile reißen und ich abstürze? 
Gerade als ich richtig in Panik gerate macht es Klick und der Aufzug kommt zum stehen. Blitzschnell geht plötzlich ein Türchen vor mir auf und ich erschrecke mich so sehr, dass ich mich wieder hinsetzte, mitten in die Suppe.
Unsere Servierfrau schaut mich sehr komisch an. Hat wohl noch nie eine zerschundene Prinzessin in Unterrock und mit Suppe am Hintern gesehen!
Ich will sie leicht genervt bitten mir raus zuhelfen, da knackt es. Ein Dratseil ist gerissen, oh Gott, wie viele gibt es? 
Schnell und fluchend krieche ich aus dem Aufzug.
Im Speisesaal angekommen lasse ich mich einfach auf den roten Samtteppich fallen, röchle noch dramatisch „Arzt“ und verfalle in eine Art Ohnmacht. Dadurch bekomme ich das Gewusel um mich zum Glück nur halb mit.
In meinem Kopf verfasse ich schon mal meinen Tagebucheintrag 
„Liebes Tagebuch, heute war wieder ein beschäftigter Tag in meinem Leben, dem Leben einer Prinzessin von heute..“ 
Dass bei diesen Worten viele wieder an pinke Schlösser, Märchen und ein wundervoll traumhaftes Leben mit weißen Ponys denken, entlockt mir nur ein müdes Lächeln.
Ich weiß es besser.

Das war nun Teil vier. Ich hoffe er hat euch gefallen. Ist einer meiner Lieblingskapitel;) Ihr würdet mir eine sehr große Freude bereiten, wenn ihr eure Meinung in die Komentare schreibt. Teil fünf folgt sogleich!

1 Kommentar:

  1. Deine Prinzessin hat's aber echt nicht leicht. Aber wie sie mit all den Missgeschicken umgeht, gefällt mir!

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